Sozialministerin Katrin Altpeter hat am Mittwoch (17. September) mitgeteilt, dass die Hospiz- und Palliativversorgung in Baden-Württemberg weiterentwickelt wird. Insbesondere soll der flächendeckende Aufbau speziell geschulter Teams fortgeführt werden, um es unheilbar kranken Menschen überall im Land zu ermöglichen, bis zu ihrem Tod im eigenen Zuhause bleiben zu können. Ein entsprechendes Arbeitsprogramm wird das Sozialministerium zusammen mit Experten in den kommenden Monaten auflegen. Außerdem kündigte die Ministerin ein Online-Informations-Portal an, das über die verschiedenen Versorgungsangebote im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung informieren soll. Das Kabinett hat dem Vorschlag der Ministerin auf seiner letzten Sitzung zugestimmt.
„Zurzeit wird in der Öffentlichkeit viel über Sterbehilfe diskutiert. Gerade deshalb ist es wichtig, auf die Angebote der Hospiz- und Palliativversorgung aufmerksam zu machen. Die Hospiz- und Palliativversorgung kann Leiden mildern und die verbleibende Zeit mit möglichst viel Lebensqualität füllen. Schwerkranke und sterbende Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen werden in dieser schwierigen Lebenssituation nicht allein gelassen“, so die Ministerin.
Grundlage der Weiterentwicklung ist eine vom Landesbeirat Palliativversorgung im Auftrag des Ministeriums in den letzten Monaten erarbeitete Hospiz- und Palliativversorgungskonzeption für Baden-Württemberg. In dem Gremium sitzen Vertreterinnen und Vertreter aller relevanten Akteure aus dem Bereich, z.B. der Krankenhäuser und ambulanten Pflegedienste, der Wissenschaft, der Krankenkassen, der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sowie der Wohlfahrtspflege und der Selbsthilfe. Die Ministerin dankte allen Beteiligten für die Erarbeitung des Konzepts.
Flächendeckender Ausbau von Palliative Care Teams
Besonders wichtig ist Ministerin Altpeter der flächendeckende Ausbau der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) im Land. Diese ermöglicht schwerstkranken und sterbenden Personen durch die Betreuung speziell geschulter Teams, bis zu ihrem Tod zuhause zu bleiben und dort sterben zu können. „Unheilbar bzw. sterbenskranke Menschen wollen so weit wie möglich schmerz- und beschwerdefrei im Kreise vertrauter und ihnen nahestehender Menschen sterben“, so die Ministerin. Bundesweit sterben dennoch etwa 70 Prozent der Menschen in Krankenhäusern und Pflegeheimen, nur etwa 25 Prozent sterben zuhause. Aktuell gibt es in Baden-Württemberg 30 SAPV-Versorgungsregionen, über 80 Prozent der Bevölkerung können auf das Angebot zurückgreifen.
Mehr Palliativversorgungsangebote für Kinder und ihre Familien
Auch die Palliativversorgungsangebote für Kinder und Jugendliche sollen nach Aussage der Ministerin ausgebaut werden. Voraussetzung dafür sind entsprechende Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und Leistungserbringern. In Baden-Württemberg gibt es schätzungsweise 400 bis 550 palliativ betreute Kinder, die einen spezialisierten palliativen Versorgungsbedarf haben.
„Während Baden-Württemberg im Unterschied zu anderen Bundesländern über ein sehr gut ausgebautes Netz von ambulanten Kinderpflegediensten und ambulanten Kinder- und Jugendhospizdiensten verfügt und in Stuttgart gerade das erste Kinderhospiz im Land geplant wird, haben wir an anderer Stelle noch Nachholbedarf“, so die Ministerin.
Ein Schwerpunkt soll auf der Einrichtung von spezialisierten pädiatrischen Palliativversorgungsangeboten (SAPPV) liegen. Die Aufgabe der SAPPV-Teams besteht in der Beratung und in der Koordination aller beteiligten häuslichen Dienste und Ärzte und/oder in der Teil- oder Vollversorgung des erkrankten Kindes und seiner Familie. Bei den Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin sollen zudem spezialisierte pädiatrische Palliativteams installiert werden. „Kinder mit einer lebensverkürzenden Erkrankung und ihre Familien brauchen eine besonders intensive Betreuung“, so die Ministerin. „Denn ganz unabhängig von der unvorstellbaren seelischen Belastung für alle Betroffenen, leben viele Kinder anders als viele Erwachsene oft noch jahrelang, nachdem die Diagnose erstellt worden ist und durchleiden in dieser Zeit in der Regel mehrmals so schwere Krankheitssymptome, dass sie eine spezialisierte palliativmedizinische Versorgung benötigen.“
Weitere Maßnahmen
Die Ministerin wies darauf hin, dass sich auch die Pflegeheime und die Einrichtungen der Behindertenhilfe angesichts der demografischen Entwicklung in zunehmendem Maße auf die Pflege Sterbender einstellen müssten. Nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes wird die Zahl der 60-Jährigen und Älteren bis 2020 voraussichtlich um ein Viertel auf dann 3,1 Millionen anwachsen. Dabei nimmt die Zahl der älteren Menschen mit Schwerbehinderungen ebenso zu wie die Zahl der Demenzkranken.
Ergänzende Informationen:
In Baden-Württemberg erfolgt die ambulante Versorgung schwerstkranker und sterbender Patienten im ärztlichen Bereich hauptsächlich über niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Zudem besteht ein flächendeckendes Netz an qualifizierten Pflegediensten, zu deren Versorgungsangebot grundsätzlich auch die häusliche palliativpflegerische Versorgung gehört. Darüber hinaus gibt es zurzeit 259 ambulante Hospizdienste und 31 ambulante Kinder- und Jugendhospize, die flächendeckend über das ganze Land verteilt sind sowie vier Hospizwohnungen. In den Krankenhäusern im Land stehen nach Angaben des Hospiz- und PalliativVerbandes Baden-Württemberg aktuell ca. 212 speziell eingerichtete Palliativbetten zur Verfügung. 26 stationäre Hospize mit 195 Betten ermöglichen Patientinnen und Patienten, bei denen eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich und eine ambulante Betreuung nicht möglich ist, flächendeckend im Land eine stationäre Palliativversorgung.
Die „Hospiz- und Palliativ-Versorgungskonzeption für Baden-Württemberg“ kann unter Publikationen abgerufen werden.
Quelle: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren